Kultur der Eigeninitative

Ganz erstaunt und auch ein bisschen erfreut war ich, als ich die Plakate von Olten Tourismus in Zürich, Bern, Luzern und Solothurn sah. Vielleicht werde ich ja nun in den „Grossstädten“ der Schweiz nicht mehr nur auf den Oltner-Bahnhof sondern auf den Schriftstellerweg angesprochen! Doch so richtig ausbreiten wollte sich die Euphorie über diese zweifellos gelungene Werbeaktion bei mir dann doch nicht. Damit ihr mich richtig versteht: Ich bin ein Fan des neu geschaffenen Schweizer Schriftstellerwegs in Olten. Ich bin überzeugt, dass er eine Breitenwirkung haben wird und Touristen nach Olten lockt. Doch reicht das?

Ich höre sie bereits fragen, wann denn nach der Literatour der erste Zug zurück nach Zürich, Luzern, Bern oder Solothurn fahre; Und ob es stimme, dass man jede halbe Stunde aus Olten rauskomme, und ob ich ihnen das schriftlich geben würde? Ich würde dann anfangen zu erzählen, so wie ich es immer mache, dass Olten völlig unterschätzt sei. Das man sich nur die Zeit nehmen müsse und die Stadt entdecken solle. Gerade das kulturelle Angebot in Olten sei für eine Kleinstadt einmalig. Vier Museen gebe es für die Museumsinteressierten nach der Literatour zu besichtigen. Für die Theater- und Kleinkunstbegeisterten biete sich das Theaterstudio, das Schwager- oder das Stadttheater an. Für Konzerte würde sich die Variobar, das Coq d’Or, die Paraiba oder das Galicia eignen. Vielleicht gebe es sogar etwas in der Schützi zu sehen. Auch ins Kino könne man in Olten. Und sowieso sei Olten eine der Städte in der Schweiz, welche mit der höchsten Dichte an guten Restaurants, Bars und Cafés aufwarten könne.

Die Leute würden dann erwidern, dass sie davon noch gar nichts gehört hätten. Dass auf der Webseite des Schriftstellerwegs oder auf der Webseite der Stadt Olten gar keine Infos zum kulturellen Angebot in Olten zu finden seien. Ich werde ihnen dann ein bisschen Recht geben müssen. Vielleicht würde ich dann versuchen, mit ihnen über das fehlende Kulturkonzept der Stadt Olten zu diskutieren. Darüber, wie sich Ende 2013 die Kulturszene in Olten in der kalten Stadtkirche getroffen hatte, um das bedrohte Kunstmuseum vor der Schliessung zu retten. Darüber, dass man seither viel enger zusammenarbeite in der Stadt. Eine Entwicklung, die ohne die finanziellen Schwierigkeiten der Stadt Olten noch Jahre gedauert hätte. Ich würde dann auch nicht ohne Stolz erzählen, dass daraus doch schon einiges entstanden sei: Etwa der Kulturtag im Mai 2014, die Gründung des Vereins „Pro Kultur Olten“ im September 2014 oder das Zwischennutzungsprojekt Tattarletti.

Irgendwann würden mich die Leute dann unterbrechen und fragen, welche Rolle die Stadt dabei übernommen habe. Ich würde dann zurückdenken an die vergangenen knapp zweieinhalb Jahre. Ich würde mich erinnern an die netten Worte des Stadtpräsidenten bei den Podiumsdiskussionen und das Beschwören der Eigeninitiative der Kulturschaffenden durch die Politik. Ich würde lächeln und sagen, dass die Stadt kaum Stellung zu kulturellen Betrieben bezieht. Dass die Wertschätzung oft fehlt. Während zweieinhalb Jahren ist in der Kulturszene in Olten sehr viel passiert; doch die Stadt steht immer noch am selben Punkt. Ohne Strategie und ohne Konzept.

Meinung im KOLT Sommer 2016.

Zurück
Zurück

Für eine attraktivere Stadt: Vier Oltner gründen neue politische Gruppierung (Oltner Tagblatt)