Diplomfeier Soziale Arbeit HSLU - Diplomrede

Liebe Diplomandinnen, liebe Diplomanden
Liebe Angehörige, liebe Mitarbeitende der Hochschule Luzern

Es ehrt und freut mich sehr, darf ich an diesem für euch so wichtigen Abend einige Worte an euch richten. Allen Absolventinnen und Absolventen gratuliere ich von Herzen zum Abschluss des Studiums und freue mich, viele neue motivierte Kolleginnen und Kollegen in den vielfältigen Berufsfeldern der Sozialen Arbeit begrüssen zu dürfen. Ich bin überzeugt: Das Studium in Sozialer Arbeit war und ist eine gute Entscheidung.

Wie ihr bereits gehört habt, ist mein eigenes Studium noch gar nicht so lange her und ich durfte im September 2021 mein Masterdiplom in Sozialer Arbeit entgegennehmen. Das Gefühl, es endlich geschafft zu haben, kenne ich also noch ganz gut. Ihr dürft alle unglaublich stolz sein auf das, was ihr erreicht habt und werdet heute zu Recht dafür gefeiert.

Aus eigener Erfahrung weiss ich aber auch, dass so ein Abschluss nicht ganz allein zu schaffen ist. Damit die Hochschule Luzern euch heute euer Diplom überreichen kann, hat es im Vorfeld verständnisvolle und unterstützende Eltern, Kinder, Partnerinnen und Partner sowie Kolleginnen und Kollegen gebraucht. Umso schöner ist es, kann die heutige Diplomfeier wieder in diesem Rahmen stattfinden damit auch all die Unterstützung, die ihr erfahren habt, entsprechend gewürdigt werden kann.

Meinen Weg aus Linden über Olten bis nach Luzern auf diese Bühne hat Daniel Krucher in seinen einleitenden Worten bereits kurz umrissen.

Als ich vor rund 10 Jahren mit dem Bachelorstudium in Sozialer Arbeit gestartet bin, hatte ich keine Ahnung, wohin es mich treibt und wenn ich ehrlich bin, wusste ich es auch nach Abschluss des Studiums noch nicht wirklich. Was mache ich nun mit all dem, was ich an der Hochschule gelernt habe?

Ich bin mir sicher, dass auch einige von euch heute Abend noch nicht wissen, wohin der Weg sie führt. Einige sind bereits mitten im Berufsleben angekommen. Andere studieren weiter und wieder andere schauen einmal was passiert. Egal wo ihr im Moment steht. Ich bin überzeugt, dass ihr alle euren Weg machen werdet.

Nachdem ich mein Hochschul-Praktikum in der kantonalen Verwaltung des Kantons Solothurn absolviert hatte, konnte ich kurz vor Abschluss des Studiums am gleichen Ort eine befristete Anstellung antreten. Diese Möglichkeit habe ich zu diesem Zeitpunkt dankend angenommen. Ich war ein armer Vollzeitstudent und auf Geld angewiesen. Zudem war die Stelle befristet, was mir wichtig war, denn ich wollte ja nicht ewig beim Kanton bleiben. Ich war überzeugt, dass Soziale Arbeit an der Basis stattfindet und nicht im Verwaltungsgebäude des Kantons. Beim Kanton bin ich aber, wie ihr bereits gehört habt, bis heute hängen geblieben. Die Arbeit war dann doch interessanter als ich es mir zu Beginn vorgestellt hatte. Und mittlerweile darf ich ein Team leiten, welches sich um die Themen Behinderung, Arbeitsmarktintegration und Sprachförderung im Kanton Solothurn kümmert.

Bereits während dem Studium habe ich mich im Kulturlokal Coq d’Or in Olten engagiert. Als Präsident des Kulturvereins und mit der Organisation von Veranstaltungen habe ich dort viel Verantwortung übernommen. Im Coq d’Or hatte ich meine Soziale Arbeit an der Basis, die mir beim Kanton fehlte. Mit dem alternativen Kulturlokal haben wir einen wichtigen soziokulturellen Freiraum in einer Kleinstadt geschaffen, den es in dieser Form nicht gab und heute leider auch nicht mehr gibt. Wir waren überzeugt, dass Olten einen solchen Ort braucht und haben ihn, weil er nicht existierte, einfach selbst gemacht. Motiviert waren wir dabei durch unser gemeinsames Interesse für Musik, Kunst, Freiraum und Politik. Und weil wir etwas für die Menschen in Olten erschaffen wollten. Leider mussten wir das Coq d’Or im Sommer 2021 unter anderem aufgrund der Corona Pandemie schliessen. In all den Jahren, in denen ich mich im Coq und in daraus hervorgegangenen Projekten engagiert habe, war das für mich immer ein wichtiger Ausgleich und eine Inspiration für alle anderen Engagements.

Das Coq d’Or war es dann auch, was mich endgültig politisiert hat. Wir haben mehrere Jahre ausserparlamentarisch für mehr Freiraum und für mehr Unterstützung von alternativer, junger Kultur in Olten gekämpft. Aus diesem Kampf ist im Jahr 2016 die Partei Olten jetzt! entstanden. Im Frühling 2017 konnten wir bei den Wahlen dann auf Anhieb vier Sitze im Gemeindeparlament gewinnen. Bei unseren zweiten Wahlen im Frühling 2021 wurde ich dann in den Stadtrat, die Exekutive der Stadt Olten, gewählt. Gleichzeitig konnten wir im Parlament zwei Sitze dazugewinnen und stellen nun eine sechsköpfige Fraktion.

Seit Anfang August bin ich nun einer von fünf Stadträten der Stadt Olten und Vorsteher der Direktion Bildung und Sport. Diese Aufgabe macht mir unglaublich Freude und ich habe das Glück bei der Stadt mit einem richtig tollen Team zusammenarbeiten zu dürfen.

Heute vor ziemlich genau 6 Jahren bin ich an eurem Platz gesessen und habe mein Bachelordiplom entgegengenommen. Damals hätte ich mir den Weg, den ich seither gegangen bin, nicht vorstellen können. Heute bin ich aber überzeugt, dass das Studium in Sozialer Arbeit mir diesen Weg überhaupt erst ermöglicht hat.

Das Studium hat mir Mut gemacht, eigene Projekte anzupacken und dafür zu kämpfen. Das Studium hat mir geholfen, Menschen zusammenzubringen und mit ihnen gemeinsame Ziele zu entwickeln und zu verfolgen. Ich habe gelernt, wie ich auf die öffentliche Hand zugehen kann. Wie ich Menschen von unseren Ideen überzeuge. Und das Studium hat mir aufgezeigt, dass es sich lohnt, sich für eine Sache einzusetzen. Und es hat mich politisiert. Ich habe mich intensiv mit den Rahmenbedingungen auseinandergesetzt, in denen Soziale Arbeit stattfindet und gelernt, wie diese Rahmenbedingungen verändert werden können. Heute arbeite ich sowohl als Stadtrat als auch in meinem Job beim Kanton genau daran, die Rahmenbedingungen zu ändern und hoffentlich zu verbessern

Bei der Vorbereitung dieser Rede habe ich mir lange überlegt, was ich euch mit auf den Weg geben soll. Immerhin habt ihr jetzt alle das Diplom im Sack, euch steht die grosse Welt der Sozialen Arbeit offen und ab Morgen macht ihr euch auf in eure Zukunft.

Auch unter Berücksichtigung meines persönlichen Weges möchte ich euch eigentlich nur etwas mitgeben: Mut

Seid mutig in euren Entscheidungen. Seid mutig in euren Forderungen für eine besser Welt. Die Ausbildung in Sozialer Arbeit prädestiniert euch, in vielen Bereichen der Gesellschaft prägend mitarbeiten und mitgestalten zu können. Ihr habt in den letzten Jahren euren Rucksack mit allem gepackt, was ihr braucht. Traut euch, dorthin zu gehen, wo es allenfalls auch weh tun kann. Gebt euch nicht zufrieden mit dem Status quo. Seid aufmüpfig, seid hartnäckig. Fordert Veränderung ein und wenn sie nicht kommt, drängt dahin, wo ihr selbst für die Veränderung sorgen könnt. Reibt euch an den Rahmenbedingungen und brecht alte Muster auf. Nutz bei all dem euer breites Wissen, eure Empathie und euren Durchhaltewillen.

Wagt allenfalls den Schritt in die Politik. Organisiert euch in Verbänden, Vereinen und Bewegungen. Setzt euch ein für die Schwächeren, für die, die weniger laut sind oder sein können. Vergesst dabei aber nie die Menschen, für die ihr euch einsetzt, mitzunehmen. Nicht für sie, sondern mit ihnen zu sprechen. Bleibt interessiert an den Menschen, die euch begegnen. Habt Spass an eurem Job. Verändert die Welt und lasst euch den Traum einer besseren Welt nicht nehmen.

Denn wenn man sieht, welche Herausforderungen in den nächsten Jahren auf uns alle zukommen, brauchen wir Mut. Mut, Träume und viele engagierte Menschen.

Ich bin überzeugt, dass uns die Auswirkungen der Corona-Pandemie noch längere Zeit beschäftigen werden. Auch dann, wenn die letzten Massnahmen gefallen sind. Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aber auch von vielen Erwachsenen ist besorgniserregend. Die Pandemie hat Ungleichheiten zementiert und verschärft. Als Bildungsdirektor von Olten erlebe ich zurzeit hautnah, welche Auswirkungen die letzten zwei Jahre auf Kinder und Jugendliche hatte und wie das Schulsystem immer wieder an den Anschlag kommt. Und ich bin froh, haben wir in Olten eine etablierte Schulsozialarbeit.

Die digitale Transformation verändert die Gesellschaft komplett. Es wird in Zukunft immer mehr Menschen geben, die mit dem Tempo der Veränderungen nicht Schritt halten können. Wir werden deshalb in den nächsten Jahren gefordert sein, Lösungen zu finden. Ihr als Professionelle der Sozialen Arbeit könnt und müsst diese Lösungen mitentwickeln und mitgestalten.

Dazu kommt der Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Menschen. Wir können noch nicht abschätzen, was das für uns alle bedeutet. Ich bin jedoch überzeugt, dass wir als Professionelle der Sozialen Arbeit sehr bald mit den ersten Effekten konfrontiert sein werden. Die Ressourcen werden knapper, der Verteilungskampf entsprechend härter und Regionen auf unserem Planeten unbewohnbar. All das wird unsere Gesellschaft vor grosse Herausforderungen stellen.

Doch nicht nur äussere Einflüsse treiben den Wandel der Gesellschaft voran. Neue Formen des Zusammenlebens werden ausprobiert und etabliert. Die Themen Gleichstellung und Chancengleichheit werden weiter an Wichtigkeit gewinnen. Diese Entwicklung führt dazu, dass die Menschen auf mehr zeitgemässe Kinderbetreuungsangebote, Tagesschulen und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche angewiesen sind. Neue Konzepte von Familie und Arbeit müssen entwickelt und ausprobiert werden. In all diesen Prozessen wollen und müssen Kinder und Jugendliche mehr miteinbezogen werden. Sie wollen mitbestimmen und mitentscheiden wie ihre Zukunft aussieht. Dazu braucht es viel mehr Partizipationsmöglichkeiten für alle. Die Soziale Arbeit übernimmt bei der Moderation und Begleitung dieses gesellschaftlichen Wandels eine wichtige Funktion.

Eines ist mir aber wichtig: Lasst euch aufgrund all der Herausforderungen nicht demoralisieren. Geht euren Weg und lasst euch nicht davon abbringen. Und denkt daran, dass mutig sein auch heisst, seine eigenen Grenzen zu kennen und für sich selbst einzustehen. Denn nur wenn ihr für euch selbst einstehen könnt, könnt ihr das auch für andere tun. Vergesst bei allem Engagement nicht, Sorge zu tragen zu euch. Macht Schritt für Schritt. Hört euch selbst zu und traut eurem Bauch und eurem Herzen. Auch wenn euch das Studium gelernt hat, vieles mit dem Kopf zu entscheiden.

Wie ich zu Beginn bereits gesagt habe, bin ich überzeugt, dass das Studium in Sozialer Arbeit eine gute Entscheidung war. Ihr seid gewappnet für alles was kommt und die vielen unterschiedlichen Berufsfelder der Sozialen Arbeit sind unglaublich bereichernd. Tobt euch darin aus und seid stolze Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, stolze Soziokulturelle Animatorinnen und Animatoren und stolze Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen.

Nun wünsche ich euch alles Gute für die Zukunft. Geniesst euren Abend und lasst euch feiern. Und schaut doch mal in Olten vorbei. Ich verspreche euch: Olten ist mehr als ein Durchgangsbahnhof!

Merci für eure Aufmerksamkeit!

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